Immer wieder taucht die Diskussion über Hunde aus dem Tierschutz im Ausland auf – Sind Auslandshunde Problemhunde?

Hunde aus dem Tierschutz, die aus dem Ausland zu uns kommen sind keine Problemhunde, sie sind Hunde mit Vergangenheit! Viele dieser Hunde haben überhaupt keine Probleme damit, sich in ihre neuen Familien und in unseren Alltag zu integrieren. Es ist erstaunlich, wie schnell sie alles Neue als gegeben hinnehmen, mit dem nun neuen Leben zurechtkommen, als wären sie nie woanders gewesen.

Aber es gibt auch die, die viel Schlechtes erlebt und gesehen haben, die die negativen Erfahrungen und Erlebnisse nicht so schnell vergessen können und ihr Päckchen aus der Vergangenheit mit nach Deutschland bringen. Manchmal haben sie einfach noch nichts kennengelernt, da sie die meiste Zeit ihres Lebens im Tierheim verbracht haben. Viele von ihnen haben schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht. Andere haben auf der Straße gelebt und mussten täglich um ihr Überleben kämpfen… Jeder dieser Hunde hat seine eigene Geschichte.

Wenn wir diese Hunde als „Problemhunde“ bezeichnen… Wie viele Menschen wären dann ebenfalls „Problemmenschen“? Wie viele Menschen gibt es, die aufgrund ihres bisherigen Lebens, misstrauisch, ängstlich, zurückhaltend oder depressiv sind? Die sich nicht wohlfühlen in unbekannten Situationen oder die bei Menschenmassen Panik bekommen? Erfahrungen und Erlebnisse prägen uns genauso, wie die Tiere!

Manche Menschen erwarten, dass ihr Hund ab dem ersten Tag bei ihnen „funktioniert“ – allerhöchstens 1 – 2 Wochen Eingewöhnungszeit gestehen sie ihm zu! „Aber dann müsste er doch wissen, wie das hier läuft, hatte genug Zeit, alles kennenzulernen!“ Ein entscheidender Unterschied zu uns Menschen ist – Tiere sehen die Welt anders als wir! An einem Baum sehen sie z.B. jedes einzelne Blatt, was für uns Menschen „nur ein Baum“ ist. Sie registrieren jede Kleinigkeit, verallgemeinern nicht und sie ziehen auch keine logischen Schlussfolgerungen.

Jedes flatternde Papier, ein Mann mit Hut, Licht und Schatten, Geräusche aus der Nachbarwohnung… all das und so vieles mehr, was für uns selbstverständlich ist, kann die Aufmerksamkeit unseres neuen Familienmitglieds wecken und alte Ängste auslösen. Woher soll der Hund wissen, dass er heute Dingen vertrauen kann, vor denen zu flüchten in seinem bisherigen Leben überlebenswichtig war? Es gibt Hunde, die haben Angst, in der Dämmerung rauszugehen, Hunde, die schon unsicher werden, wenn sie ein Mensch direkt anschaut. Es gibt Hunde, die sich nach ihrer Ankunft hier nicht trauen, ihr Geschäft zu machen und wenn es nicht anders geht, ihre Hinterlassenschaften selber auffressen… am liebsten unsichtbar wären!

Wer nur ein wenig Einfühlungsvermögen hat, kann sich vorstellen, was diese armen Seelen erlebt haben… Es gab Menschen, die haben mich doch tatsächlich gefragt, warum der Hund in der Ecke der Wohnung hockt und die Zähne zeigt, nur weil die Kinder mit dem Bobbycar an ihm vorbei fahren… Man muss sich nur vorstellen, wie der Hund sich fühlt, der vielleicht das erste Mal in einer Wohnung im dritten Stock „eingesperrt“ ist, ohne sich dem, das ihm so viel Angst macht, dem Stress und der Lautstärke, entziehen zu können… mit dem Rücken an der Wand!

Es gibt sie, diese Geschichten, wo „es mit dem Auslandshund nicht geklappt hat“ … aber es gibt auch die anderen! Die von den besonderen Menschen, die sensibel genug sind und sich Zeit nehmen, „zuzuhören“ und zu spüren, wie es dem Hund in verschiedenen Situationen geht – sich die Zeit nehmen, seine Vergangenheit zu erkunden.

Die Menschen, die dem Hund die Zeit lassen, die er braucht, um Schritt für Schritt in seinem neuen Leben anzukommen. Genau die Menschen wissen, wie lange es gedauert hat, bis der Hund endlich DA war! Sie wissen, wovon ich rede und dass es das tausendmal WERT war und sie es niemals bereut haben, den „Weg zum Vertrauens“ mit ihrem „Problemhund“ gegangen zu sein und dabei wahrscheinlich viel über sich selbst gelernt haben.

© Sylvia Raßloff

Ja, sie sind alt, älter… vielleicht nicht mehr gesund… Abgeschoben! Ausgesetzt… als sie Liebe, Fürsorge und Geborgenheit am meisten brauchten… Weggeworfen. Doch sie haben überlebt!

Wenn man in ihre Augen sieht, spiegelt sich darin ein ganzes Leben… Vergangenheit. Enttäuschung. Trauer um einen geliebten Menschen? Und mehr als all das umgibt sie eine Aura von Weisheit und Gelassenheit… Das Wissen um den Lauf des Lebens… und seine Endlichkeit.

Doch wie alt ist ein Tier, um ZU alt zu sein für eine zweite Chance? Wie messen wir die Zeit, wenn wir ein älteres Tier zu uns holen? Oder haben wir Angst, dass die Liebe, die sie zu geben haben – die für uns bleibt – nicht mehr reichen wird? Auch wir werden älter… Was wäre, wenn die Tiere sich dann von uns abwenden würden, wenn wir „alt“ sind… nicht wert, Zeit mit uns zu verbringen? Wenn sie uns abschätzen würden, ob wir gebrechlich sind oder krank werden könnten… dem Trugschluss erliegen, dass Jugend ein Garant für Gesundheit ist… Nein, die Tiere wenden sich nicht von uns ab, sie lieben uns, ob wir jung sind oder alt, gesund, krank oder behindert. Sie schätzen nicht ab, ob es sich lohnt, ihre gesamte Zeit und Liebe in uns zu „investieren“. Sie tun es einfach! Nehmen uns, wie wir sind. Genießen jede Stunde, jeden Tag des Lebens, so lange es dauert, ohne darüber nachzudenken, ob sie dafür genug zurückbekommen… bedingungslos.

Ein älteres Tier zu adoptieren, ihm eine zweite Chance zu geben heißt, Leben retten! Ein Leben, das vielleicht nie mehr eine Chance gehabt hätte, wenn du nicht gewesen wärst! Sie haben so viel zu geben! Im Herzen noch jung, in den Knochen und in der Seele die Weisheit eines gelebten Lebens. Sie wollen vielleicht nicht mehr herumspringen, sondern wandern… keinen Stress und keine Hektik… das Leben einfach genießen und wortlos alte Geschichten erzählen. Sie schenken uns ihre Liebe, die Liebe eines ganzen Lebens für die Zeit, die ihnen noch bleibt. Sie lassen uns lachen über ihre vielen kleinen Eigenheiten und immer wieder staunen über ihre Tapferkeit. All das, was sie von den „Jungen“ unterscheidet ist auch das, was das Zusammensein mit ihnen so unvergleichlich wertvoll macht.

© Sylvia Raßloff

Sie sind die Verlorenen, die Geschlagenen, die Schwachen, die Alten und die Kranken… Die Tapferen… die Überlebenden… . Wenn du bei ihnen bist, ist Nichts mehr wichtig. Alles ist gut. Und du fragst dich, warum du gejammert hast? Die kleinen Unwägbarkeiten, Wehwehchen und Hindernisse in deinem Leben verschwinden im Nichts. Das Gedankenkarussell kommt zum Stillstand. Einfach nur Sein. Es fühlt sich so gut an… Und plötzlich weißt du, was Glück bedeutet. Es bedeutet Leben! Ohne Not! Ohne Schmerzen! Es bedeutet Geborgenheit und Liebe. Der Frieden, den du hier spürst, ist ein Geschenk. Du kannst nicht aufhören, zu Staunen über so viel Gelassenheit und Vertrauen, so viel Tapferkeit und unendliche Weisheit, weil du ihre Geschichten kennst. Ihre körperlichen Gebrechen. Doch die Vergangenheit ist vorbei und jeder Augenblick ein Geschenk. Sie nehmen, was das Leben ihnen gibt und genießen es in vollen Zügen! Nein, sie wollen kein Mitleid… sie haben unseren Respekt verdient! Und so sitze ich unter ihnen und bewundere diese großartigen Wesen und bin plötzlich nicht mehr nur ich, einfach nicht mehr wichtig… Ich bin voller Liebe und Wärme, die sie mir schenken, einfach so – im Vorübergehen und immer wieder – und mir wird klar, dass sie die wahren Heiler sind!

Wenn du Erfüllung suchst… Geh zu den Tieren.

Wenn du nach Antworten suchst… Geh zu den Tieren.

Dann weißt du, was dir gefehlt hat.

© Sylvia Raßloff

Weil sie ihr Leben und ihre ganze Kraft den Tieren widmen, weil sie für die Tiere ihre Zeit, ihr Geld und ihr Heim zur Verfügung stellen, weil sie zu jeder Zeit sofort losfahren , wenn ein Tier Hilfe braucht, weil sie die Ärmsten der Armen an ihr Herz drücken, weil sie immer wieder das Versprechen geben, einer Seele zu helfen, egal, wie widrig die Umstände sind, weil sie traumatisierte Tiere – wenn nötig – mit ins Bett nehmen und ihnen sagen „Du bist jetzt in Sicherheit!“, weil sie Wunden pflegen, Schmerzen lindern, trösten, Häufchen wegmachen und manchmal auch den schweren Gang des Abschieds mit Tieren gehen müssen, wenn das Leiden zu groß ist, weil sie jeden Tag aufstehen und die Kraft finden, weiterzumachen, weil sie nicht verzagen aufgrund der Flut derer, die Hilfe brauchen, weil sie Kranke und Verletzte zum Tierarzt bringen, auch wenn sie manchmal nicht wissen, ob das Geld reicht, weil sie nicht wissen, wann sie das letzte Mal Urlaub hatten oder auch nur ein Essen mit Freunden, weil sie  auf sämtliche Annehmlichkeiten des Lebens verzichten, weil sie die Hoffnung nicht aufgeben, für die Tiere ein schönes Zuhause zu finden und weil sie sich immer wieder verabschieden müssen, von Seelen, die sie gerettet, gesund gepflegt und geliebt haben, und somit wieder ein Platz frei wird für ein weiteres Tier, das Hilfe braucht, weil jedes Mal ein Stück ihres Herzens mitgeht, weil es ihnen das Herz bricht, wenn sie „Nein“ sagen müssen, wenn das Geld nicht reicht und alle Möglichkeiten erschöpft sind… Deshalb brauchen sie unsere Unterstützung, finanziell und vor allem moralisch, zu wissen, dass es Viele sind, die hinter ihnen stehen…!

© Sylvia Raßloff